Wir Menschen sind nicht immer rational in unseren Entscheidungen. Wir lassen uns von kognitiven Verzerrungen beeinflussen, die als mentale Abkürzungen dienen. Diese helfen uns, Informationen schnell zu verarbeiten, können aber auch zu Urteilsfehlern führen. Marken können diese kognitiven Verzerrungen nutzen, um das Verbraucherverhalten zu beeinflussen und ihren Umsatz zu steigern. Doch sollte dies stets verantwortungsbewusst und aufrichtig geschehen.
In den nächsten Abschnitten erläutere ich 10 kognitive Verzerrungen und zeige auf, wie Unternehmen diese bei in ihrem Branding und Marketing nutzen können.
1. Social Proof
Wir Menschen neigen dazu, uns an das Verhalten anderer anzupassen, insbesondere an das derjenigen, die uns ähneln oder die wir als glaubwürdig empfinden. Diese Dynamik kann von Marken genutzt werden, indem sie positive Erfahrungen von zufriedenen Kunden hervorheben und aufzeigen, wie viele andere bereits von ihrem Angebot profitiert haben.
Ein gutes Beispiel hierfür ist Airbnb, das Bewertungen früherer Gäste nutzt, um potenziellen Kunden ein Gefühl der Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit zu vermitteln.
2. Scarcity (Knappheit)
Menschen haben eine Tendenz dazu, Dingen, die selten oder begrenzt verfügbar sind, einen höheren Wert beizumessen. Marken können diesen Effekt nutzen, um ein Gefühl der Dringlichkeit für ihre Produkte oder Dienstleistungen zu erzeugen, indem sie befristete Angebote machen, Produkte in limitierter Auflage anbieten oder die Restbestände eines beliebten Artikels betonen. Solche Maßnahmen können Verbraucher dazu motivieren, das Produkt zu kaufen, bevor es ausverkauft ist.
Ein Beispiel hierfür ist die limitierte Auflage, die Adidas im Jahr 2020 in Zusammenarbeit mit einer beliebten Anime-Serie herausbrachte. Die Schuhe waren nur für einen begrenzten Zeitraum erhältlich und waren deshalb bei Sammlern und Fans der Serie sehr begehrt.
Allerdings sollten Marken vorsichtig sein, wenn sie Scarcity einsetzen, da dies schnell als manipulativ empfunden werden kann. Es bewehrt sich, ehrlich und transparent über die Verfügbarkeit von Produkten zu sein und Kunden nicht unter Druck zu setzen, um einen Kauf zu tätigen.
3. Halo-Effekt
Oftmals glauben wir, dass Menschen oder Dinge, die in einem bestimmten Bereich besonders gut abschneiden, auch in anderen Bereichen eine ähnlich hohe Leistung erbringen. Gleichzeitig denken wir auch, dass Menschen oder Dinge, die in einem Bereich schwach sind, auch in anderen Bereichen schlecht abschneiden werden. Marken können von diesem Effekt, der als Halo-Effekt bekannt ist, profitieren, indem sie sich auf einen positiven Aspekt ihres Produkts oder ihrer Dienstleistung konzentrieren und somit das gesamte Angebot in ein besseres Licht rücken.
Zum Beispiel kann ein Shampoo in einer gut gestalteten Verpackung als qualitativ hochwertiger wahrgenommen werden als ein Shampoo in einer schlecht gestalteten Verpackung, obwohl beide möglicherweise dieselben Inhaltsstoffe enthalten.
Wenn du mehr über den Halo-Effekt erfahren möchtest, empfehle ich dir diesen Artikel. Dort zeige ich fünf weitere Ideen auf, wie du den Halo Effekt erfolgreich im Branding anwenden kannst.
4. Anker-Effekt
Menschen tendieren dazu, bei Entscheidungen auf die ersten Informationen zu vertrauen, die sie über etwas erfahren. Marken können sich den Anker-Effekt zunutze machen, indem sie ihr Produkt oder ihre Dienstleistung als erste Option in einem Vergleich präsentieren, ein teureres Produkt als Referenzpunkt voranstellen oder ihren Hauptvorteil direkt vorab kommunizieren.
Viele Softwareunternehmen nutzen den Anker-Effekt. Sie bieten verschiedene Preisstufen an und präsentieren das günstigste Angebot als erstes. Dadurch erscheinen die anderen Optionen attraktiver, und die Kunden tendieren dazu, ein teureres Angebot auszuwählen.
5. Reciprocity (Gegenseitigkeit)
Menschen neigen dazu, sich verpflichtet zu fühlen, Gefälligkeiten oder Freundlichkeiten zu erwidern. Durch das Bereitstellen von wertvollen Ressourcen wie kostenlosen Downloads, Muster oder Testversionen können Marken bei ihren Kunden ein Gefühl der Verpflichtung erzeugen. Dadurch wird es wahrscheinlicher, dass sich die Menschen in Zukunft mit der Marke auseinandersetzen und möglicherweise zu Kunden werden.
Adobe und viele andere Softwareunternehmen bieten kostenlose Testversionen an, die es den Kunden ermöglichen, das Produkt vor dem Kauf auszuprobieren. Der Kunde fühlt sich verpflichtet, diese Geste zu erwidern, indem er das Produkt kauft oder sich zumindest stärker mit der Marke auseinandersetzt.
6. Authority Bias
Wenn Menschen Personen als glaubwürdig oder autoritär wahrnehmen, tendieren sie dazu, diesen Personen zu vertrauen, unabhängig davon, ob deren Meinungen objektiv richtig sind. Marken können diese Tendenz ausnutzen, indem sie Branchenexperten, Vordenker oder Prominente engagieren, um ihre eigene wahrgenommene Autorität und Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
Ein Beispiel hierfür ist Colgate, das zum Beispiel Zahnärzte in seiner Werbung und seinen Marketingmaßnahmen präsentiert. Durch die Vorstellung von Experten wird auch die wahrgenommene Autorität und Glaubwürdigkeit der Marke Colgate gestärkt.
7. Bandwagon Effect (Mitläufereffekt)
Menschen neigen dazu, Meinungen oder Verhaltensweisen zu teilen, nur weil sie populär sind. Marken können diesen Effekt nutzen, indem sie ein Gefühl der Exklusivität für ihre Produkte oder Dienstleistungen schaffen und ihre Beliebtheit, insbesondere bei einer sozialen bestimmten Gruppe, betonen.
Ein Beispiel hierfür ist das Sephora Beauty Insider-Programm, das treue Kunden mit exklusiven Vorteilen belohnt, wie dem frühzeitigen Zugang zu neuen Produkten, Geschenken und Einladungen zu VIP-Events. Auf diese Weise nutzt Sephora den Wunsch der Kunden, Teil einer Gemeinschaft zu sein.
8. Confirmation Bias (Bestätigungsfehler)
Die Confirmation Bias beschreibt, dass wir Informationen so aufnehmen, interpretieren und erinnern, dass sie unsere bestehenden Überzeugungen bestätigen. Marken können die Confirmation Bias nutzen, indem sie Anzeigen schalten, die zu unseren Überzeugungen passen, positive Assoziationen stärken und somit die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs erhöhen.
Wenn eine Person beispielsweise Wert auf Nachhaltigkeit legt, könnte die Marke ihr Anzeigen zeigen, in denen ihre umweltfreundlichen Praktiken hervorgehoben werden, was die Überzeugung des Kunden stärkt, dass die Marke sich um die Umwelt bemüht. Daran ist nichts auszusetzen, solange es ehrlich und authentisch bleibt.
9. Framing Effect
Die Art und Weise, wie Informationen präsentiert oder formuliert werden, kann unsere Wahrnehmung beeinflussen. Marken können diesen Effekt nutzen, indem sie ihre Produkte oder Dienstleistungen als Lösung für ein konkretes Problem darstellen und dabei gezielt emotionale Reaktionen bei den Kunden auslösen.
Ein Beispiel dafür ist Dollar Shave Club, eine Herrenpflegemarke, die sich als Antwort auf das Problem der überteuerten Rasierklingen positioniert. Indem sie hochwertige Rasierklingen zu einem erschwinglichen Preis anbietet, spricht die Marke die Sorgen und Bedürfnisse ihrer Kunden an und schafft eine positive Assoziation mit ihrem Produkt.
10. Loss Aversion (Verlustaversion)
Verlustaversion beschreibt unsere Tendenz, den Schmerz über den Verlust von etwas stärker zu empfinden als die Freude über den Gewinn von etwas Gleichwertigem. Marken können diese menschliche Neigung nutzen, indem sie ihren Kunden eine Geld-zurück-Garantie oder Probezeit anbieten, um sie dazu zu ermutigen, neue Produkte oder Dienstleistungen risikofrei auszuprobieren.
Nehmen wir zum Beispiel meine Erfahrung beim Kauf einer Ecosa-Matratze. Das Unternehmen bot eine 180-Tage-Geld-zurück-Garantie an. Aber wenn wir ehrlich sind, wie viele Menschen würden davon Gebrauch machen, vor allem, wenn sie mit dem Produkt zufrieden sind?
Wenn Marken diese kognitiven Verzerrungen umsichtig und verantwortungsbewusst einsetzen, können sie das Vertrauen ihrer Kunden stärken und langfristige Beziehungen zu ihnen aufbauen. Indem sie verstehen, wie Menschen denken und fühlen, können Marken Erlebnisse schaffen, die bei ihren Kunden Anklang finden und ihnen einen echten Mehrwert bieten.
Entscheidend ist jedoch, dass Marken transparent und offen über ihre Marketingtaktiken sein sollten, statt die Verbraucher zu manipulieren. Diese Ehrlichkeit kann den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Marke bei den Kunden stärken, die auf Transparenz und Authentizität Wert legen.
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Titelbild von Kaboompics