Die Wahl der perfekten Schriftart für deine Marke kann überwältigend sein. In diesem Artikel möchte ich dir einige Tipps geben, um dir bei dieser Herausforderung zu helfen.
Wundert es dich, warum ich den Begriff Schriftart anstelle von Font verwende? Eine Schriftart bezieht sich auf eine gesamte Schriftfamilie, während eine Font nur einen Stil in der Familie bezeichnet. So ist zum Beispiel Helvetica eine Schriftart und Helvetica Regular eine Font.
Für dein Branding solltest du eine Schriftart, also eine Familie von Fonts, finden. So bleibst du flexibel—sowohl für verschiedene Verwendungszwecke als auch für das zukünftige Wachstum deiner Marke.
Bevor du über Typografie nachdenken kannst, solltest du jedoch ein gutes Bild von der Markenpersönlichkeit haben, die du verkörpern möchtest. Möchtest du witzig oder seriös wirken? Ausgefallen oder sympathisch? Und so weiter. Anschließend kannst du eine oder mehrere Schriftarten wählen, die zu den Charakterzügen deiner Marke passen.
Um zu erklären, wie Schriftarten unterschiedliche Persönlichkeiten ausdrücken können, habe ich sie nach folgenden Attributen unterschieden:
- Serifen vs serifenlose Schriften
- Hoher vs geringer Kontrast
- Vertikale vs diagonale Achsneigung
- Geringe x-Höhe vs hohe x-Höhe
- Condensed vs extended
- Runde vs eckige Buchstabenformen
Schauen wir uns jeden dieser Punke einmal genauer an.
Serifen vs serifenlose Schriftarten
Serifen-Schriften
Serifen-Schriften stammen aus dem 18. Jahrhundert als Steinmetze Buchstaben in Felsen gravierten. Serifen sind an ihren dekorativen Schnörkeln am Ende der Buchstabenformen und Symbole zu erkennen.
Serifen-Schriften werden aufgrund ihrer Geschichte als elegant, vertrauenswürdig und etabliert wahrgenommen.
Anwaltskanzleien, Weingüter oder Zeitungsverlage könnten sich für eine Serifen-Schriftart entscheiden, um zuverlässig und anspruchsvoll zu wirken.
In den letzten Jahren gibt es jedoch auch den Trend zu einer spielerischeren Anwendung von Serifen.
Einige bekannte Serifen-Schriftarten sind Baskerville, Times New Roman und Garamond. Als Open-Source-Alternativen könnten Playfair Display und Lora infrage kommen.
Sans-serif Schriftarten
Sans-serif, oder serifenlose Schriften, entstanden erst später, um 1800. Sie gewannen allerdings erst in den 1920—30er Jahren durch die Bauhaus-Bewegung an Beliebtheit.
Anders als Serifen-Schriften werden serifenlose Schriften als modern, nahbar und klar wahrgenommen.
Serifenlose Schriften werden für das Alltägliche und Zugängliche verwendet. So werden sie in der Regel in einer Reihe von Branchen genutzt, von Sport- bis zu Technologieunternehmen.
Futura, Univers und Helvetica sind beliebte serifenlose Schriften. Wenn du nach Open-Source Alternativen suchst, könntest du die Google Schriften Roboto, Open Sans oder Source Sans Pro erwägen.
Tipp: Um Schriftarten zu kombinieren, wähle keine zwei Schriftarten derselben Klassifizierung aus. Die Kombination einer serifenlosen mit einer Serife ist eine bessere Wahl, da sie weniger miteinander konkurrieren.
Hoher vs geringer Kontrast
Der Kontrast einer Schriftart beschreibt die Variation der Strichstärke innerhalb eines Zeichens. Schriften mit hohem Kontrast vermitteln Eleganz, während Schriften mit niedrigem Kontrast Robustheit und Vertrauen kommunizieren.
Kontrastreiche Schriftarten werden z. B. von Luxus-Modeunternehmen oder Hotels verwendet, um Exklusivität und gehobene Preise zu vermitteln.
Bodoni ist ein klassisches Beispiel für eine kontrastreiche Schrift. Du könntest Prata als kostenfreie Alternative zu Bodoni verwenden.
Tipp: Verwende keine kontrastreichen Schriftarten für Bodytext. Ihre zarten Linien verblassen in kleinen Größen, was sie unleserlich macht.
Vertikale vs diagonale Achsneigung
Tipp: Um Schriftarten zu kombinieren, wähle zwei Schriftarten mit ähnlicher Achsneigung aus. Das stellt einen Bezug zwischen ihnen her.
Geringe x-Höhe vs hohe x-Höhe
Die x-Höhe, oder Mittellänge, bezieht sich auf die Höhe Kleinbuchstabens x. Eine geringe x-Höhe kann als filigran und luxuriös empfunden werden, während eine größere x-Höhe robuster wirkt.
Mr Eaves ist ein Beispiel für eine Schriftart mit niedriger x-Höhe, während Helvetica eine besonders hohe x-Höhe aufweist.
Aber sei vorsichtig mit x-Höhen im Body Text. Schriften mit sehr geringer x-Höhe sind in kleinen Größen schlecht lesbar. Ihre Punzen (die teilweise bzw. ganz geschlossene Fläche eines Buchstabens wie z. B. o, p oder c) beginnen sich optisch zu schließen und auszufüllen. So kann z. B. ein c schnell mit einem o verwechselt werden.
Sehr hohe x-Höhen sind im Fließtext ebenfalls schlecht lesbar. Wenn wir lesen, erkennen unsere Augen die Formen der jeweiligen Wörter, anstatt Buchstabe für Buchstabe zu lesen. Bei zu hohen x-Höhen kann unser Auge diese Formen nicht mehr klar erkennen, was die Lesbarkeit beeinträchtigt.
Tipp: Um Schriftarten zu kombinieren, wähle zwei Schriftarten mit einer ähnlichen x-Höhe aus, um einen Bezug zu schaffen.
Condensed vs extended
Komprimierte (condensed) Schriften wurden historisch, und werden heute noch, für Zeitungsüberschriften verwendet, um mehr Wörter in eine Zeile zu bekommen. Deshalb nehmen wir sie als präzise und zuverlässig wahr. Sie vermitteln aber ebenso Spannung und Dynamik. Komprimierte Schriften werden z. B. von Sportmarken verwendet.
Im Gegensatz dazu werden breite Schriften als geräumig empfunden und lassen ein Design atmen. Sie werden oft eingesetzt, um Optimismus und Leichtigkeit zu erzeugen.
Tipp: Einige Schriftarten, oft Superfamilien, haben Condensed und Extended Schnitte. Indem du diese kombinierst, kannst du Spannung zu erzeugen.
Runde vs eckige Buchstabenformen
Menschen bevorzugen runde Formen. Das ist in unserer Evolution verwurzelt. Runde Formen suggerieren Sicherheit, Stabilität und Weiblichkeit.
Eine Studie ergab, dass Menschen positive Eigenschaften wie lebhaft, funkelnd, verträumt und schwebend mit runderen, leichten und möglicherweise serifenlosen Schriften assoziieren.[1]
Runde Buchstabenformen sind eine ausgezeichnete Wahl für Marken, die auf Sicherheit setzen, wie z. B. Säuglingsnahrung oder die Automarken.
Eckige Buchstabenformen hingegen können Bedrohung implizieren. Sie könnten zum Beispiel auf den Adrenalinkick hinweisen, wenn sie von einem Abendheuerpark verwendet werden.
Typografie ist ein umfangreiches Thema, was ich in diesem Beitrag natürlich nicht vollständig abdecken konnte. Ich hoffe, dass ich dir einen Überblick darüber geben konnte, welche Gedanken bei der Wahl der perfekten Schriftart für deine Marke eine Rolle spielen.
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Referenzen
[1] Die Studie wurde 1968 von den Psychologen Albert Kastl und Irvin Child durchgeführt, Quelle: “Why do we find circles so beautiful?”, Science Focus
Dieser Blogbeitrag wurde inspiriert von “Typography 01” by The Futur un der “Flawless Typography Checklist” von Typewolf. Ich kann beides sehr empfehlen.